So wichtig sind Bewertungsportale für Ärzte

Ärzteportale sind trotz teilweiser Konkurrenz zu Google in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Doch lohnt es sich, dort als Arztpraxis einen (kostenpflichtigen) Eintrag zu buchen?

Relevanz

Um die Relevanz von Ärzteportalen für PatientInnen zu prüfen, habe ich im März 2023 mithilfe des SEO-Tools SISTRIX die Wettbewerber von 200 lokalen Keywords geprüft. Auf die 200 Keywords kam ich, indem ich die 20 am häufigsten gegoogelten Arzt-Keywords mit den 10 größten Städten Deutschlands kombiniert habe.

Abgesehen davon, dass 98 % der Suchergebnisse mit Google Maps-Karten und Unternehmenseinträgen ausgeliefert wurden, konnte ich folgende Marktanteile ermitteln:

Domain Marktanteil bei 200 Keywords Keywords in den Top 10 Traffic-Schätzung mtl.
jameda.de 11,65 % 165 10,95 Mio.
doctolib.de 9,94 % 137 5,06 Mio.
werkenntdenbesten.de 3,34 % 65 6,21 Mio.
therapie.de 0,83 % 10 0,59 Mio.
gelbeseiten.de 0,79 % 20 9,27 Mio.
dasoertliche.de 0,73 % 18 11,96 Mio.
uniklinikum-leipzig.de 0,69 % 10 0,29 Mio.
charite.de 0,65 % 10 0,64 Mio.
kinderaerzte-im-netz.de 0,62 % 9 1,33 Mio.
uniklinik-duesseldorf.de 0,57 % 8 0,30 Mio.

Aus meiner Sicht ist es kaum verwunderlich, dass Jameda und Doctolib in Führung liegen. Was ich aber beim Vergleich beider Domains interessant finde ist, dass die Sichtbarkeit von Doctolib seit Anfang 2020 kontinuierlich steigt, wobei sich Jameda eher schwer zu tun scheint:

Quelle: SISTRIX, am 17.03.2023

Ich spare mir hier eine tiefere Analyse, wieso sich welches Unternehmen leichter oder schwieriger tut, empfehle aber sich primär auf diese beiden Portale zu konzentrieren.

Vorteile

Hier sind einige Gründe, warum Ärzteportale für beide Gruppen wichtig sind:

  1. Informationsbeschaffung: Patienten können auf Ärzteportalen Informationen über Ärzte, deren Fachgebiete, Qualifikationen, Erfahrungen und Spezialisierungen finden. Dies hilft ihnen, einen passenden Arzt für ihre Bedürfnisse zu wählen.
  2. Bewertungen und Erfahrungsberichte: Ärzteportale ermöglichen es Patienten, Bewertungen und Erfahrungsberichte über Ärzte und deren Praxen abzugeben. Diese Informationen können anderen Patienten helfen, die Qualität der medizinischen Versorgung besser einzuschätzen und eine informierte Entscheidung zu treffen.
  3. Online-Terminvereinbarung: Viele Ärzteportale bieten Funktionen zur Online-Terminvereinbarung an. Dies erleichtert die Terminbuchung und -verwaltung sowohl für Patienten als auch für das medizinische Personal. Einer Umfrage von Anfang Januar 2022 zufolge, gaben ein Drittel der Deutschen an, schon einmal im Internet einen Arzttermin vereinbart zu haben (Quelle: statista).
  4. Transparenz und Vertrauen: Ärzteportale fördern Transparenz und Vertrauen, indem sie Ärzten die Möglichkeit geben, ihr Profil zu pflegen und aktuelle Informationen über ihre Praxis bereitzustellen. Dies kann dazu beitragen, das Vertrauen der Patienten in ihre Ärzte zu stärken.
  5. Wettbewerb und Qualität: Ärzteportale können dazu beitragen, den Wettbewerb unter den medizinischen Dienstleistern zu fördern. Dies kann letztendlich zu einer Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung führen.
  6. Vernetzung und Zusammenarbeit: Ärzteportale können auch dazu beitragen, dass Ärzte und medizinische Fachkräfte sich vernetzen und zusammenarbeiten. Sie können sich über aktuelle medizinische Entwicklungen informieren und von den Erfahrungen anderer Ärzte profitieren.

Nachteile

Ärzteportale bieten viele Vorteile, aber es gibt auch einige Risiken und Bedenken, die berücksichtigt werden sollten:

  1. Datenschutz und Privatsphäre: Bei der Nutzung von Ärzteportalen werden viele persönliche und medizinische Daten online geteilt, wie die Stiftung Warentest 2021 ermittelt hat. Es besteht das Risiko, dass diese Daten missbraucht oder gestohlen werden könnten, wenn die Plattformen nicht ausreichend gesichert sind.
  2. Falsche oder irreführende Informationen: Bewertungen und Erfahrungsberichte von Patienten können subjektiv und manchmal ungenau sein. In einigen Fällen könnten gefälschte Bewertungen oder Kommentare von Wettbewerbern oder anderen Personen mit unlauteren Absichten veröffentlicht werden, was zu einer Verzerrung der Informationen führt. Dies bestätigt auch dieser Artikel zu einem aktuellen Urteil gegen Jameda (Ärzteprofile dürfen mittlerweile gelöscht werden) mit Erfahrungsberichten von Ärzten der Süddeutschen Zeitung.
  3. Überbewertung von Online-Bewertungen: Patienten könnten sich zu stark auf Online-Bewertungen verlassen und die Bedeutung persönlicher Empfehlungen von Freunden, Familie oder anderen vertrauenswürdigen Quellen vernachlässigen.
  4. Verzerrung durch negative Bewertungen: Menschen sind oft eher geneigt, negative Erfahrungen zu teilen, was zu einer Verzerrung der Bewertungen führen kann. Einige gute Ärzte könnten aufgrund einer geringen Anzahl von negativen Bewertungen ungerechtfertigterweise schlecht bewertet werden.
  5. Qualität der medizinischen Informationen: Ärzteportale sind nicht immer in der Lage, die Qualität und Richtigkeit der bereitgestellten medizinischen Informationen zu überprüfen. Dies kann dazu führen, dass Patienten falsche oder veraltete Informationen erhalten, die ihre medizinischen Entscheidungen beeinträchtigen könnten.
  6. Kosten: Die bekannten Ärzteportale sind zwar für Patienten kostenlos, aber für Praxen schnell mit ~100 € und mehr im Monat verbunden. Das wäre zwar für eine Online-Terminvereinbarung etwas teurer, als beispielsweise Calendly, aber da hier besondere Anforderungen an Datenschutz, Praxismanagement-Software und Reputation gelten, betrachte ich die Konditionen als gerechtfertigt. Ich habe hierzu einen detaillierteren Vergleich von Jameda und Doctolib geschrieben.

Fazit

Die Relevanz der Ärzteportale steht außer Frage, auch wenn Googles Unternehmenseinträge nach wie vor deutlich die lokalen Suchergebnisse dominieren (98 %). Daher ist eine Online-Marketing-Strategie für Praxen ohne Google Unternehmenseintrag undenkbar.

Ferner sollte man sich als Praxis aber auch nicht ausschließlich von Google abhängig machen. Ob man aber 100 € und mehr im Monat für einen kostenpflichtigen Eintrag ausgeben möchte, das sollte man differenzierter entscheiden. Denn auch ohne die Gebühren kann man dort ein einfaches Profil pflegen und Rezensionen erhalten. Deswegen finde ich die kostenpflichtigen Einträge erst ab Nutzung der jeweiligen Terminbuchungssoftware interessant.

Severin Lucks

Ich bin Performance-Marketing-Berater aus München. Ich schätze den Aufbau von Reputation als größten Conversion-Booster ein und schreibe deswegen hier im Blog darüber.